Einführung der Umweltzone ab 2011 ist unverhältnismäßig

 

Die SPD-Fraktion begrüßt die Fortschreibung des Luftreinhalteplanes durch die Stadt Leipzig, die das Ziel hat, die Luftschadstoffbelastung weiter zu verringern. “Ein erhöhter Gesundheitsschutz der Leipziger Bevölkerung liegt selbstverständlich auch in unserem Interesse” erklärt Claus Müller, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion.

Die im Luftreinhalteplan benannten Maßnahmen zur Reduzierung der Feinstaubkonzentration werden mit einer Ausnahme von den SPD-Stadträten unterstützt. Dazu zählen insbesondere die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs, der Ausbau des Radwegenetzes, die grundhafte Sanierung von Straßen oder die umweltgerechte Erneuerung des Fuhrparks der Stadt und der städtischen Unternehmen.

Die geplante Einführung einer Umweltzone zum 01.01.2011 für nahezu das gesamte Stadtgebiet von Leipzig als zentraler Bestandteil des neuen Luftreinhalteplanes überzeugt uns jedoch nicht. Sie ist weder verhältnismäßig gegenüber den Betroffenen noch ist ihre Effektivität insgesamt nachgewiesen. Die Umweltzone ist unserer Ansicht nach nicht die einzige Möglichkeit, um die Einhaltung der EU-Grenzwerte zu garantieren.

Erste Anmerkung:
Wenn laut den Berechnungen (vgl. Luftreinhalteplan Tabelle 18, S. 52) im Jahre 2011 mit der Fortsetzung der bisherigen Maßnahmen insgesamt 1.500 von 515.000 Menschen mit sinkender Tendenz in der gesamten Stadt von Feinstaub betroffen sind, ist es unserer Meinung nach unverhältnismäßig, alle Fahrzeuge, die keine grüne Plakette vorweisen können, die (Ein)fahrt in nahezu alle Stadtteile zu verbieten. Stattdessen sollte eine regelmäßige Nassreinigung der 28 Straßenabschnitte mit besonders hoher Feinstaubbelastung auf einer Gesamtlänge von 3,3 km alternativ durchgeführt werden, damit die Belastung auch für diese Bürger nicht gesundheitsgefährlich ist.
Bei der Problematik Stickstoffdioxid wird prognostiziert, dass ohne die Umweltzone 2011 ca. 5.400 und 2015 1.400 Bürger betroffen sind. Auch hier stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit.

Zweite Anmerkung:
Neben dem meteorologischen Einfluss, dem aktuellen Baugeschehen und anderen Quellen innerhalb und außerhalb der Stadt ist der Verkehr ein Hauptemittent von Feinstaub. Zu beachten ist jedoch, dass lediglich 19 Prozent durch Kfz-Ausstoße, aber immerhin 41 Prozent durch Reifenabrieb und Aufwirbelung Ursache von Feinstaub ist (vgl. Luftreinhalteplan Tabelle 15, S. 41). Ziel muss es daher primär sein, den Zustand vieler Straßen so zu verbessern, dass weniger Abrieb und Aufwirbelung von Feinstaub möglich ist.

Dritte Anmerkung:
Durch die Einführung einer Umweltzone entsteht insgesamt zusätzlicher Kfz-Verkehr, da Nutzer von älteren Fahrzeugen nicht mehr den direkten Weg durch die Stadt fahren können, sondern die Umweltzone umfahren.
Weiterhin besteht die Gefahr, dass die Leipziger Innenstadt für Bürger aus der Region an Attraktivität verliert und stattdessen Einkaufscenter auf der grünen Wiese wieder bevorzugt mit dem Auto angesteuert werden.
Die Situation zahlreicher klein- und mittelständischer Gewerbetreibender ist durch Einführung einer Umweltzone kritisch. Ob die Stadt ein kommunales Förderprogramm zur Nach- bzw. Umrüstung in Größenordnung tatsächlich stemmen kann ist fraglich.

Die SPD-Fraktion begrüßt die Verlängerung der Auslegungsfrist des Luftreinhalteplanes, damit möglichst viele Bürger von ihrem Beteiligungsrecht auch in der Ferienzeit Gebrauch machen können.
Kritisch sehen wir, dass der Stadtrat lediglich mit einer Informationsvorlage über die Ergebnisse der Anhörung benachrichtigt werden soll. Auch wenn die Stadtverwaltung als verantwortliche Behörde im Einvernehmen mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie den Luftreinhalteplan in Kraft setzen kann, möchten wir in einer so wichtigen Angelegenheit eine Legitimation durch die politischen Gremien der Stadt mit aller Deutlichkeit einfordern. Wir erwarten somit eine Beschlussfassung zur Fortschreibung des Luftreinhalteplanes durch den Stadtrat im 2. Halbjahr dieses Jahres.

Claus Müller abschließend: “Im Gegensatz zu anderen Parteien, die das Thema Umweltzone jetzt im Wahlkampf entdeckt haben, setzen wir uns schon länger mit der Thematik auseinander. Erinnert sei zum Beispiel an eine Podiumsdiskussion im Frühjahr dieses Jahres, auf der sich auch verschiedene Fachwissenschaftler kritisch zur Umweltzone äußerten.”