Die Antwort der Stadtverwaltung zur Ratsversammlung am 21. März 2018 auf unsere Anfrage zu sachgrundlosen Befristungen bei der Stadtverwaltung und kommunalen Unternehmen:

Bürgermeister Hörning: 

Frage 1: Gehörte es in den vergangenen 10 Jahren zur Praxis der Stadtverwaltung, neue Mitarbeiter zunächst befristet einzustellen, auch ohne einen Sachgrund (Elternzeitvertretung etc.)?

Einstellungen erfolgten bis etwa Mitte 2014 vorzugsweise in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Diese Einstellungspraxis wurde ab Mitte 2014 geändert. Seitdem werden Einstellungen grundsätzlich unbefristet vorgenommen. Befristete Arbeitsverträge wurden und werden abgeschlossen, wenn dafür ein Grund vorliegt, zum Beispiel Vertretung während der Elternzeit, Vertretung für Langzeitkranke oder Vertretung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit befristeter Erwerbsminderungsrente.

Frage 2: Wenn ja, wie viele Mitarbeiter hat das betroffen, und wurden diese Verträge in der Regel dann in unbefristete Arbeitsverträge umgewandelt?

Die Zahl befristeter Einstellungen und der Anteil von Beschäftigten, die in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen wurden, lässt sich für diesen langen und weit zurückliegenden Zeitraum nicht beziffern, da wir dazu keine entsprechende Datengrundlage im Personalverwaltungssystem haben und dies auch mehr von historischem Interesse als von gegenwärtigem Interesse ist.

Im Jahr 2017 wurden insgesamt 202 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befristet eingestellt. Dabei handelte es sich weit überwiegend um Sachgrundbefristungen. Befristet eingestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können sich generell auf Stellenausschreibungen der Stadtverwaltung bewerben und werden in die Auswahlverfahren nach dem Grundsatz von Eignung, Leistung und Befähigung einbezogen. Das Ergebnis kann in Abhängigkeit von der zu besetzenden Stelle auch die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis sein, was auch oft der Fall ist.

Frage 3: Greift die Stadt Leipzig noch heute zum Mittel der sachgrundlosen Befristung bei Neueinstellungen zurück? Wenn ja, warum?

In der Regel liegt bei befristeten Einstellungen ein Sachgrund für die Befristung vor. Dennoch wird, wenn Bewerber*innen die Voraussetzung hierfür mitbringen, auch bei Vorliegen eines Sachgrunds auf die sachgrundlose Befristung zurückgegriffen. So besteht bei Bedarf noch die Möglichkeit einer anschließenden befristeten Einstellung mit Sachgrund, was vor allem den betreffenden Beschäftigten entgegenkommt und oft auch im Sinne der Beschäftigten ist.

Abgesehen von diesen Fällen wird mit sachgrundlosen Befristungen gearbeitet, wenn Stellen zunächst nur befristet eingerichtet sind im Rahmen des Stellenplans und eine Prognose zur Fortführung zum Zeitpunkt der Einstellung nicht getroffen werden kann. Dies betrifft schwerpunktmäßig die im Rahmen der Haushaltsplanung als Mehrbedarf anerkannten Stellen, die unter dem Vorbehalt einer Evaluierung des Stellenbedarfs eingerichtet werden.

Außerdem erfolgen bei Übernahme von Auszubildenden und Studenten in ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an Ausbildung bzw. Studium sachgrundlose Befristungen, wenn aufgrund der städtischen Regelungen – hier haben wir eine klare Vereinbarung – in Abhängigkeit von den Leistungskriterien bzw. vom jeweiligen Ausbildungsberuf zunächst nur eine befristete Übernahme infrage kommt, zum Beispiel bei der Note 4 im Abschlusszeugnis. Auszubildende und Studenten in Verwaltungsberufen, die mindestens mit dem Prädikat „befriedigend“ abschließen, werden generell unbefristet übernommen.

Die Einstellungspraxis ist jedoch ausdrücklich auf das Ziel gerichtet, gut qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unbefristet an die Stadtverwaltung zu binden. Das ist unsere generelle Strategie im aktuellen Arbeitsmarkt.

Frage 4: Wie stellt sich der Sachverhalt bei Eigenbetrieben und kommunalen Beteiligungsunternehmen dar?

Die Anwendung des Instruments „sachgrundlose Befristung von Beschäftigungsverhältnissen“ stellt sich in den Beteiligungsunternehmen der Stadt Leipzig sehr differenziert dar:

Rund ein Drittel der Beteiligungsunternehmen wendet keine sachgrundlosen Befristungen an. Hierunter fällt auch die L-Gruppe, die als Ausnahmefälle für sachgrundlose Befristungen zum Beispiel auf eine unklare Auftragslage oder Personalmehrbedarf bei fehlender Planstelle verweist.

Rund zwei Drittel der Beteiligungsunternehmen wenden sachgrundlose Befristungen von Beschäftigungsverhältnissen aus unterschiedlichen Gründen an. Dies sind unter anderem die Erprobung von neuen Mitarbeitern bei besonderer Anforderung an Eignung und fachlichem Wissen, die Übernahme von Azubis und Dualstudierenden im Anschluss an Ausbildung bzw. Studium, auch hier abhängig vom jeweils erreichten Qualifikationsniveau, Ausgleich unerwarteter Personalausfälle etc. Befristungen werden seitens der Beteiligungsunternehmen nicht als Instrument einer etwaigen permanenten Stellenneubesetzung angewandt.

Soweit keine Gründe wie die oben genannten entgegenstehen, werden die befristeten Beschäftigungsverhältnisse in unbefristete umgewandelt. Grenzen der Anwendung sachgrundloser Befristungen bestehen bei Vorliegen eines branchenspezifischen Fachkräftemangels, da Fachkräfte mit befristeten Arbeitsverträgen oftmals nicht mehr für Unternehmen gebunden werden können.