Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

wir freuen uns, dass die Stadtverwaltung der Intention des Antrags der Fraktionen von SPD, Linken und Bündnis90/Die Grünen zur Aufhebung der Sperrstunde in Leipzig gefolgt ist und nun eine entsprechende Rechtsverordnung im Rat zur Abstimmung steht.

Ich hatte schon in meinem Statement zum Antrag in der Ratsversammlung am 28. Februar gesagt, dass ich Sperrstunden für ein Relikt vergangener Tage halte, weil wir Kneipen, Diskos und Klubs eben nicht vorschreiben müssen, wann sie Reinigungsarbeiten durchführen müssen. Außerdem erscheint es wenig zielführend, zu regeln, dass das gerade zwischen 5 und 6 Uhr passieren muss. An Problemen beim Lärmschutz ändert eine Sperrstunde auch nichts, sie kann sogar mehr Lärm in Wohnquartieren  verursachen, wenn die Nachtschwärmer dann alle zur gleichen Zeit die Clubs verlassen, weil Sperrstunde ist.

Dennoch und das können wir nicht von der Hand weisen, kann es sein, dass es im Umfeld von gastronomischen Einrichtungen oder Clubs zu Lärmschutzprobleme kommt. Die Probleme sollten wir daher ernst nehmen, aber daran ändert, wie bereits erwähnt auch eine Sperrstunde, die eben nur eine Stunde dauerte, wenig bis gar nichts. Dennoch glauben wir, dass sich für einige Lärmschutzprobleme ernsthafte, einvernehmliche und zielführende Lösungen finden lassen. Vor diesem Hintergrund haben wir einen Änderungsantrag ins Verfahren gebracht, durch den die Stadtverwaltung aufgefordert wird, einen sogenannten Nachtbürgermeister zu schaffen. Um eventuellen Vermutungen vorzubeugen: Der Nachtbürgermeister soll nicht über die Nachtstunden hinweg den Schreibtisch des Oberbürgermeisters hüten. Vielmehr geht es darum, dass eine vermittelnde Instanz zwischen Verwaltung, Gastronomen und Anwohnern geschaffen werden soll, um unter anderem auch bei Fragen des Lärmschutzes Kompromisse zu finden. Ein Nachtbürgermeister wäre also ein guter Ansprechpartner, um mit seiner Hilfe Konflikten vorzubeugen oder bestehende Probleme zu lösen. Auch geht es darum, mit Hilfe des Nachtbürgermeisters konkrete Maßnahmen zu entwickeln, wie das Nachtleben in Leipzig noch sicherer gemacht werden kann.

Lassen sie mich zum Schluss, weil der anstehende Beschluss zur Aufhebung der Sperrstunde damit in engen Zusammenhang steht, noch einige Sätze zum Thema Clubsterben in Leipzig verlieren. Wie einige von Ihnen vielleicht bereits mitbekommen haben, läuft vor dem Rathaus die Aktion „Aus Freude am Tanzen“, die von mehreren Leipziger Klubs initiiert wird. Einerseits sprechen sich die Teilnehmer damit für eine Abschaffung der Sperrstunde aus, andererseits machen sie auf eine für die Kulturszene problematische Entwicklung aufmerksam, denn durch die Entwicklung unserer Stadt, die rege Bautätigkeit und das Entstehen neuer Quartiere, durch den Neubau von Schulen und aus anderen ganz unterschiedlichen Gründen sind die Standorte mehrerer Klubs in Gefahr bzw. sind bereits verschwunden. Der Club im Westwerk ist ebenso Vergangenheit wie das 4rooms. Der alten Damenhandschuhfabrik wurde bereits zu Ende August gekündigt und auch die Zukunft des TV-Clubs und des „So&So“ ist ungewiss. Lebendige Städte bestehen nicht nur aus Arbeits- und Schlafquartieren. Ich selber gehe inzwischen straff auf die 40 zu und bin eher seltener in Clubs zu treffen. Die meisten im Stadtrat sind etwa so alt wie ich oder sogar älter. Dennoch sollten wir die Jugendlich und jungen Erwachsenen, die nicht in unsere geförderten Jugendeinrichtungen gehen, nicht aus dem Auge verlieren. Denn Leipzig ist auch deshalb so beliebt bei jungen Menschen, weil wir eine lebendige wohnortnahe Clubkultur haben. Wir brauchen auch im urbanen Bereich notwendige Freiräume, in denen sich Klubs entwickeln können. Es darf nicht passieren, dass das Nachtleben, wie teilweise jetzt schon in Berlin, dadurch vielfach an den Stadtrand verdrängt wird. Diesen Appell verbinde ich mit der Aufforderung an die zuständigen Ämter und Eigentümer, aber auch an uns, Lösungen zu finden, um Klubs die Existenz auch im innerstädtischen Bereich zu ermöglichen. Es geht nämlich nicht immer nur um direkte Fördermittel, sondern auch um Rahmenbedingungen, die wir in einer Stadt schaffen. Clubs benötigen nicht zwangsläufig Fördermittel, sie benötigen aber Rahmenbedingungen, die ihnen auch in einer wachsenden Stadt erhalten werden können. Ich möchte daher auch das Kulturamt darum bitte sich grundsätzlich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Ein Nachbürgermeister kann dabei sicher auch eine hilfreiche Instanz sein.

Vielen Dank!