Redner: Christopher Zenker, Stadtrat

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadträte,
werte Gäste!

Erziehungs- und Familienberatungsstellen sind inzwischen ein fester und wichtiger Bestandteil der Leipziger Familien unterstützenden Infrastruktur. Deren Bedarf wird auch in der gestiegenen Inanspruchnahme deutlich. Seit 2007 ist die Inanspruchnahme der Erziehungsberatung von 119,4 Fällen pro Mitarbeiter – in Vollzeit – auf 150,4 gestiegen, was einen Anstieg von 26 Prozent entspricht. Die Beratungshilfen sind damit zwischen 2007 und 2011 von 3.314 auf 5.158 gestiegen. Steigerungen gab es vor allem im Bereich „Beratung in Fragen der Partnerschaft“ und „Trennung und/oder Scheidung“ und wurde häufig durch Familiengerichte angeordnet bzw. empfohlen. Die Anordnung weitreichender kostenloser Fachberatung durch Gerichte gibt sich aus dem neuem Bundeskinderschutzgesetz.
Darüber hinaus hat sich die Arbeit stärker ausdifferenziert: die Arbeit mit Multiproblemfamilien nimmt zu, Angebote für Familien mit Migrationshintergrund mussten ausgebaut werden, die Arbeit mit Familien in Trennungs- und Scheidungssituationen steigt stark an und die Beratung zur Stärkung der Erziehungskompetenz bei Müttern und Vätern nimmt zu. Zwar wurden richtige und wichtige Maßnahmen im neuen Kinderschutzgesetz verankert, jedoch wurde auch hier wieder ein Gesetz verabschiedet, was die Kommunen zum Handeln und zur Umsetzung beauftragt, nicht jedoch die Finanzierung klärt. Die Kommunen müssen daher wieder einmal zu 100 Prozent die Kosten eines Gesetzes tragen, ohne dass sie dadurch eine Kompensation von Bund oder Land erhalten.

Der steigende Bedarf und die Ausdifferenzierung in der Familienberatung haben dazu geführt, dass alle Familienberatungsstellen ausgelastet sind. Das wiederum führt dazu, dass die präventive Arbeit der Beratungsstellen reduziert werden muss. Um diese Entwicklung rückgängig zu machen, sollte ursprünglich pro Familienberatungsstelle eine zusätzliche halbe Stelle geschaffen werden. Die Stellenanpassungen wurden aufgrund der Haushaltssituation nicht zur Umsetzung vorgeschlagen. Vor diesem Hintergrund ist auch der Antrag des Jugendhilfeausschusses verständlich, dessen Grundintension wir teilen. Wir halten jedoch auch noch eine Ausdifferenzierung des Beratungsangebots für notwendig, wie die Antwort der Stadtverwaltung auf eine Anfrage von mir ergeben hat.
Inzwischen gibt es zahlreiche Maßnahmen durch die spezielle Angebote für Familien und Jugendliche mit Migrationshintergrund geschaffen werden. Dennoch sehen wir weiteren Qualifizierungsbedarf bzw. den Bedarf für ein entsprechendes Beratungsangebot für binationale Familien, deren Problemlagen und damit deren Beratungsbedarf sich von anderen Familien unterscheiden kann. Im Zuge einer Stellenanpassung muss daher auch geprüft werden, ob gegebenenfalls zusätzliches Beratungsangebot geschaffen werden muss bzw. bestehende Familienberatungsstellen weiterqualifiziert werden.