Redner: Heiko Oßwald, stellv. Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
liebe Gäste,

die Gewährleistung und Organisation von Mobilität in einer wachsenden Großstadt, in der sich auch zukünftig alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt entwickeln können, ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen in unserer Zeit und es wird eine der finanziell herausfordernsten Aufgaben sein, die unsere Stadt lösen muss.

Aber immerhin, nach dem lange genug geredet wurde und mittlerweile eine Vielzahl von Anträgen im Verfahren war, wie man den ÖPNV attraktiver machen kann, wird jetzt endlich gehandelt. Im September haben wir uns hier im Rat mit großer Mehrheit für eine nachhaltige Mobilitätsstrategie entschieden und die hat auch finanzielle Konsequenzen. Die Verwaltung nimmt nun erstmals hierzu umfassend Stellung, geht auf die unterschiedlichen Vorschläge der Fraktionen ein und bietet eigene Lösungsansätze an. Im Wesentlichen geht es um drei Themenbereiche, auf die ich jetzt gesondert eingehen möchte.

1. Die Tarife

Ein attraktiver ÖPNV hängt auch vom Preis ab. Er muss für alle bezahlbar sein, gerade auch für die Leipziger mit schmalem Geldbeutel. Es geht uns um eine faire Verteilung der Kostensteigerungen der LVB zwischen Kunden, Stadt und LVV. Weder können wir zukünftig ohne Fahrpreiserhöhungen auskommen, weil dies LVV und Stadt auf Dauer finanziell nicht schultern können, noch dürfen die Kostensteigerungen, wie in der Vergangenheit geschehen, den Fahrgästen über Tariferhöhungen aufgebürdet werden. Wir hatten daher vorgeschlagen, die Tariferhöhungen  auf max. 2 Prozent zu begrenzen und zwar nachhaltig. Das ist aus unserer Sicht der bessere Ansatz, als die Fahrpreise für 2 Jahre stabil zu halten, um sie danach doppelt erhöhen zu müssen. Dies greift die Verwaltung auf und schlägt weiter vor, die Schüler-Card die nächsten beiden Jahre nicht zu erhöhen. Das begrüßen wir ausdrücklich.

2. Die Sicherstellung des laufenden Betriebes und Investitionsbedarfes.

Um kurzfristig wachsende Fahrgastzahlen mit vorhandenen Ressourcen zu bewältigen, muss massiv in neue Fahrzeuge und die Ausbesserung der Schienennetze investiert werden. Auch müssen faire Löhne gezahlt werden, um den wachsenden Personalbedarf  abzusichern und die vorhandenen Mitarbeiter zu halten. Wir hatten daher vorgeschlagen, die Investitionszuschüsse an die LVB deutlich zu erhöhen. Nachdem der neue Nahverkehrsplan im Entwurf vorliegt, stimmen wir aber auch der Anhebung des Ausgleichsbetrages bis 2023 auf 55 Mio. Euro zu.

3. Die Finanzierung der anstehenden ÖPNV- Planungen und –Großinvestitionen aufgrund des beschlossenen Mobilitätsszenarios

Der zusätzliche Investitionsbedarf beim beschlossenen Nachhaltigkeitsszenario wird bis zum Jahr 2030 rund 600 Mio. Euro betragen. Selbst bei einer Förderquote von 80% müsste die Stadt Leipzig bis dahin rund 120 Mio. Euro an Eigenmitteln aufbringen. Also pro Jahr rund 10 Mio. Euro. Daher hatte meine Fraktion gemeinsam mit der Freibeuter-Fraktion die Bildung eines Mobilitätsfonds vorgeschlagen, in den jährlich durch LVV und Stadt zu gleichen Teilen diese 10 Mio. Euro eingezahlt werden sollten. Daher ist die vorgeschlagene Prüfung bis zum Jahr 2022 nicht zufriedenstellend und wird den finanziellen Druck auf künftige Haushaltsjahre verlagern. Aber immerhin werden mit den Mitteln aus der Tilgung des Gesellschafterdarlehens durch die LVV notwendige Planungen angeschoben und LVB – Mitbauprojekte beim VTA beschleunigt.

Hierzu bedarf es durch die Verwaltung noch einer konkreten Untersetzung der Maßnahmen. Auch werden wir uns ausdrücklich vorbehalten, im Rahmen der Haushaltsberatungen noch entsprechende städtische Mittel einzufordern.

Letztendlich geht es heute auch um Abwägungsprozesse. Wie verwenden wir die begrenzten finanziellen Ressourcen? Wie viele Mittel setzen wir für die Begrenzung von Tariferhöhungen ein? Wie viele Mittel nutzen wir für die Absicherung notwendiger Investitionen? Und: Wie viele Mittel wollen wir einsetzen, um gute Löhne und attraktive Arbeitsbedingungen gewährleisten zu können? Die einfache Wahrheit ist, der Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Daher sprechen wir uns auch gegen ein Tarifmoratorium aus, so toll dies auch klingt. Ein durchgehendes Tarifmoratorium würde bis zum Jahr 2030 Einnahmeausfälle von rund 320 Mio. Euro bedeuten, die woanders fehlen. Auch ein auf zwei Jahre begrenztes Tarifmoratorium würde bedeuten, dass ein Fehlbetrag von rund 46 Millionen Euro bis 2030 aufläuft. Diese Mittel würden dann bei Investitionen bzw. auch bei der Finanzierung fairer Löhne fehlen. Das halten wir für unverantwortlich!

Der andere Abwägungsprozess ist, wie verteile ich die Lasten fair zwischen Stadt und Stadtkonzern. Zur Wahrheit gehört, dass ein großer Teil der Lasten der LVV aufgebürdet wurde. Das tragen wir mit, da nach dem gewonnenen KWL-Prozess die LVV dazu auch momentan in der Lage ist. Für die LVV ist das jedoch eine große Herausforderung, wofür wir der Geschäftsführung des Konzerns auch unsere Anerkennung ausdrücken.

Die Stadt Leipzig wird aber nicht umhin kommen, perspektivisch auch ihren Beitrag zu leisten.

Die Vorschläge der Verwaltung sind ein echter Anfang, ein ernsthafter Versuch, die Umsetzung der Mobilitätsstrategie bei begrenzten finanziellen Mitteln abzusichern. Daher werden wir dem Verwaltungsstandpunkt zustimmen.