Redner: Christopher Zenker, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Beigeordnete,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
werte Gäste,

mit dem vorliegendem Antrag des Jugendparlaments, der insbesondere durch den Verwaltungsstandpunkt, aber auch durch einige Änderungsanträge eine deutliche Qualifizierung erfahren hat und zu einem inhaltlichen Antrag geworden ist, diskutieren wir eine der global gesehen großen Herausforderung. Wir handeln hier und heute getreu dem Motto: „Think global, act local“.

„Fridays for future“ hat das geschafft, was kaum eine andere soziale Bewegung der letzten Jahre so schnell vermocht hat. Die Bewegung hat Millionen Menschen allein in Deutschland für den Schutz von Umwelt, Klima und Artenvielfalt bewegt. Das Engagement hat schon heute Entscheidendes bewirkt und der Klimapolitik einen gewaltigen Schub gegeben.

Meine Kinder haben von sich aus entschieden, an der großen Demonstration am 20. September teilzunehmen. Ich bin dankbar, dass sie das, ohne Repressalien befürchten zu müssen und ohne Angst, tun konnten. Dies war vor 30 Jahren anders. Die Friedliche Revolution hatte ihren Ursprung unter anderem in der Umweltbewegung. Das spiegelt sich beispielsweise auch im Gründungsaufruf meiner Partei – der SDP – aus dem Juli 1989 wieder, worin als eines der Ziele eine ökologisch orientierte soziale Demokratie formuliert wurde. Für mich gilt das auch heute noch und ich bin froh, dass wir nun leidenschaftlich über Klimaschutz diskutieren.

Der kurze Rückblick auf 1989 ist mir wichtig, denn im Gegensatz zum Gründer von „Extinction Rebellion“, Roger Hallam, der gesagt hat, der Klimawandel sei Größer als Demokratie, bin der Überzeugung, dass es uns nur in demokratischen Gesellschaften gelingen wird, die richtigen Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit zu finden, von denen der Klimawandel neben Kriegen, Armut und Hunger eine der großen ist.

Auf Demonstrationen, wie denen von „Fridays for future“ wird zugespitzt und das muss so sein. Doch gehört Zuspitzung durch Worte, die trennen statt vereinen, nicht in Parlamente oder Stadt- und Gemeinderäte. Die SPD Fraktion hat sich nach langer Diskussion dazu entschieden, bei diesem Thema auch bei Worten darauf zu achten zu vereinen, statt zu trennen. Denn es besteht die Gefahr, dass wir die Möglichkeiten der Demokratie kleinreden, je größer, apokalyptischer wir die Herausforderung beschreiben. Wir hätten jetzt über den Begriff Klimanotstand hinwegsehen und sagen können, das ist doch nur ein Wort. Der Begriff „Klimanotstand“ trennt jedoch, er schürt Ängste und das macht es schwer, viele Menschen mitzunehmen. Obwohl wir alle von den bevorstehenden Veränderungen betroffen sein werden.

Der Begriff des Notstandes ist auch inhaltlich falsch: Notstand im verfassungsrechtlichen Sinne ist eine gefährliche Situation, die durch schnelles Handeln bereinigt werden muss. Doch können wir diese Situation schnell durch Handeln lösen? Ich meine: Nein. Ein Notstand, der Regierungen auch Befugnisse über das Normale hinaus gibt, ist auch etwas, dass wieder beendet werden kann und muss, wenn die gefährliche Situation vorbei ist. Sandsäcke werden nach einem Hochwasser wieder weggeräumt, aber bei Klimaschutzmaßnahmen wäre das unabgebracht bzw. falsch, denn die müssen wir verstetigen oder sogar verstärken, um langfristig Erfolge erzielen zu können.

Wir brauchen Begrifflichkeiten, die nicht als Vorbote der Apokalypse interpretiert werden. Der Begriff des Notstands, der ultima ratio, beim dem eigentlich keine Abwägung mehr stattfinden darf, soziale gegen ökologische Interessen ausgespielt werden müssten, ist dafür ungeeignet.

Wir müssen gemeinsam um die besten Lösungen ringen, leidenschaftlich und entschieden, aber eben auch mit Dialogbereitschaft. Es gibt Regionen oder Berufe, die von dem Strukturwandel besonders betroffen sind, und Menschen die sich um ihre Arbeitsplätze Sorgen machen. Wir dürfen über diese Sorgen auch nicht einfach überheblich hinwegsehen. Wir müssen verhindert, dass das Thema Klimaschutz unsere Gesellschaft weiter spaltet. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dazu gesagt: „Es muss gelingen, dass aus Umwelt- und Klimaschutz keine polarisierende Identitätspolitik wird, keine Spaltung zwischen den Arbeitnehmern der Autoindustrie und den Blockierern von Straßen, zwischen Landwirten und Naturschützern, zwischen denen, die es sich leisten können, und denen, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen.” Wir brauchen den Dialog und entschiedene Maßnahmen auch beim Klimaschutz.

Wir haben in Leipzig gute Grundlagen, um uns verstärkt den Herausforderungen des Klimawandels zu stellen. Leipzig wurde bereits vor zwei Jahren mit dem European Energy Award in Gold ausgezeichnet. 2014 haben wir ein ambitioniertes Klimaschutzprogramm verabschiedet, das u.a. vorsieht, dass 2020 kommunale Gebäude nur noch mit Strom aus regenerativen Quellen versorgt werden und das Klimaneutralität bis 2050 herstellen soll. Wir haben das Nachhaltigkeitsszenario 2030 für Mobilität beschlossen und setzen damit auf eine Stärkung des ÖPNV, des Rad- und Fußverkehrs. Wir haben den Ausstieg aus der durch Braunkohle erzeugten Fernwärme auf den Weg gebracht und das sage ich ganz unabhängig vom nächsten Tagesordnungspunkt.

Lassen sie uns hier intensiv weiterarbeiten und uns die Fortschreibung des Klimaschutzprogramms mit konkreten Maßnahmen, die kurz-, mittel- und langfristig greifen auf den Weg bringen. Wir wollen ein Klimaschutzprogramm, das um Maßnahmen zur Klimaanpassung ergänzt wird, denn das Klima wird sich wandeln, wie stark liegt zum Teil auch in unserer Hand. Lassen Sie uns hier die konkrete sektorenübergreifende Maßnahmenplanung auf den Weg bringen. Dazu gehört auch mehr Grün in der Stadt.

Letztendlich werden nur die konkreten Maßnahmen zeigen, ob der vorliegende Antrag in seinen verschiedenen Ausprägungen das Papier bzw. die PDF-Wert ist.