Redner: Axel Dyck, Fraktionsvorsitzender

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
sehr geehrte Gäste!

Ich habe letztens gelesen, dass die Gewässerverbindung zwischen Karl-Heine-Kanal und dem Lindenauer Hafen und die Erschließung des Lindenauer Hafens selbst sinnlose Prestigeprojekte wären. Nun möchte ich nicht die Semantik hinsichtlich des Wortes Prestige bemühen, aber da in der nuancenreichen Politiksprache
„Prestigeprojekt“ eher ein negatives Attribut besitzt, wäre es schon interessant zu wissen, was ein sinnvolles Prestigeprojekt ist?

Ich persönlich würde gerade diesem Projekt, jenseits aller ausschweifenden soziologischen Betrachtungen, wer denn der Akteur ist, dem das Prestige zufallen möge, mehr als sinnvoll nennen. Und zwar für unsere Stadt Leipzig.

Diese Einschätzung mag sicherlich im politischen Raum dieser Stadt nicht jedem gefallen – die Spreizung zwischen buchhalterischen Betrachtungen auf der Erlösseite, gepaart mit dem Vorwurf der Geldverschwendung, bis hin zum Wunsch, mitten in einer Großstadt die Menschen so zu steuern, dass der Biotopcharakter städtebaulicher Brachen und Missstände möglichst für immer zementiert wird, ist groß.

Es lohnt sich gerade an diesem Beispiel der Blick zurück. Ohne in Nostalgie zu verfallen. Die Wasserstadt Leipzig ist eine der wenigen, vielleicht sogar die einzige Vision, die Anfang der 90er Jahre konzipiert, uns auch heute noch intensiv beschäftigt. Und zwar in der Realisierung. Schritt für Schritt. Wellenschlag für Wellenschlag. Mit Flachgang und mit Tiefgang. Aber immer im Strom. Manchmal versiegten aber auch die Quellen.

Ich erinnere, dort wo in der Harth die Demonstranten standen und die Bagger stoppten, ist der Badestrand am Nordufer Cospuden auf Leipziger Flur. Wo im Ratsholz die Phenolschaumkronen über das Pleißewehr schwappten, steht heute eine Schleuse und von den Wohnquartieren entlang der innerstädtischen Elster will ich gar nicht erst reden.

Wasser bestimmt auf einmal, und zwar positiv, das Lebensumfeld der Leipziger. Wasser ist in der Stadt. Und mit der Funktionstüchtigkeit des Zwenkauer Sees als Hochwasserschutzeinrichtung, ist diese Gefahr für Leipzig von dieser Seite aus nahezu gebannt.

Es wäre ein Frevel, wenn wir auf halben Weg stehen bleiben würden. Und es ist noch eine ganze Menge zu tun: Der Elstermühlgraben ist noch nicht fertig, der Pleißemühlgraben ebenso, der Stadthafen ist in der Wartestellung; beim innerstädtischen Hochwasserschutz gibt es Verzögerungen: Deshalb bleibt das Projekt Wasserstadt Leipzig auf der Tagesordnung. Beim Blick zur Saale bin ich allerdings skeptisch.

Von der Notwendigkeit, auch mit Hilfe des Projektes Lindenauer Hafen eine stadt- und sozialstrukturelle Problemlage zwischen Neulindenau und Grünau mindestens zu lindern, möchte ich hier erst gar nicht eingehen.

Warum hole ich so weit aus. Weil ich glaube, dass das Wasser in der Form als stadtgestaltendes Element, einen maßgeblichen Wachstumsimpuls in Leipzig der letzen 15 Jahre darstellte und weiter darstellen kann, ja muss.

Ich behaupte einmal kühn und verkürzt, ohne die öffentlichen Investitionsmittel in die Wasserinfrastruktur als Standortfaktor hätten wir das Bevölkerungswachstum der letzten 10 Jahre nicht erreicht. Und müssten deshalb auch nicht in diesem Umfang in Kindergärten und Schulen investieren. Ist das nun gut oder schlecht?
Und ich behaupte auch, wenn wir nicht mehr in solche Projekte wie den Lindenauer Hafen investieren und nur noch den Status quo am Leben erhalten, stagniert die Bevölkerungsentwicklung mit der Konsequenz, dass wir in 15 – 20 Jahren wieder beginnen Schulen zu schließen. Vorher haben wir dann schon Kitas geschlossen.

Der Lindenauer Hafen ist ein gutes Beispiel dafür, dass eben nicht vermeintliche Prestigeprojekte herhalten dürfen, um Priorisierungen an anderer Stelle zu begründen.

Es ist die Balance in einer Stadtgesellschaft, wie vorhin bei der Kulturdebatte, die die positive Entwicklung dieser Stadt garantiert.

Ich bitte Sie, beiden Vorlagen zuzustimmen.