Rednerin: Ute Köhler-Siegel, Stadträtin

 

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Stadträte,
verehrte Gäste,

Schulschließungen gehören zu den absolut unbeliebtesten Themen, mit denen sich Stadträte beschäftigen müssen. In einem langen Prozess haben wir uns mit den heute zur Abstimmung stehenden Schließungen und Fusionen befasst.
Die Aufhebung einer Grundschule gegen den Trend erhöhter Geburtenzahlen scheint unlogisch, aber diese wirken sich nicht gleichmäßig auf alle Stadtgebiete aus. Deshalb ist es schon aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll, diese Schulen zusammenzufassen. Es fallen weniger Betriebskosten an und es muss eine Schule weniger saniert werden.

Die Mittelschulen in Leipzig konnten in den letzten Jahren weniger Schüler aufnehmen, da sich 2005 die Zugangsvoraussetzungen zu Gunsten der Gymnasien verändert haben.
So lernen in der 55. Schule nur noch die Schüler der Klassenstufen 8 bis 10 in insgesamt sieben Klassen, in der 65. Schule die Klassenstufen 7 bis 10 in sechs Klassen. Spätestens im nächsten Schuljahr ist also kein vernünftiger Schulbetrieb mit dem entsprechenden Fachunterricht mehr möglich. Auch Ganztagsangebote und Freizeitgestaltung können nicht mehr sinnvoll gestaltet werden. Daher sehen wir die Notwendigkeit der Aufhebung dieser Schulen ein.

Aber wir sehen auch die Probleme:
Die Schüler der 65. Mittelschule werden in die Mittelschule Portitz gehen. Dort wird es anfangs sehr eng. Wir fordern die Schulverwaltung auf, diesen Prozess intensiv zu begleiten und auftretende Probleme schnell und unbürokratisch gemeinsam mit der Schulleitung zu lösen. Bereits im nächsten Schuljahr wird es auch bauliche Veränderungen an der Mittelschule Portitz geben, die Sanierung der „Äußeren Hülle“ steht an. Damit unterstützt die Stadt den Zusammenschluss der Schulen, weil sie die Attraktivität der aufnehmenden Schule deutlich erhöht.

Weitaus größere Probleme haben die Mitglieder unserer Arbeitsgruppe mit dem neuen Standort der 55./84. Mittelschule. Deswegen haben wir dazu einen Änderungsantrag ins Verfahren gebracht. Wir schlagen vor, den zukünftigen Schulstandort in der 84. Mittelschule – im Herzen von Grünau – zu belassen.
Die Schullandschaft in Grünau durchlebte in den letzten Jahren dramatische Veränderungen. Zahlreiche Schulen wurden geschlossen, so dass es in Grünau nunmehr nur noch sieben Grundschulen (78. mit 100., 91., Fröbel, 90., 80., 85.) zwei Mittelschulen (94., 84.) und ein Gymnasium (Klinger) gibt. Dafür ist Grünau jetzt das Zentrum der Förderschulen der Stadt Leipzig. Sechs Schulen für unterschiedlichen Förderbedarf wurden dort angesiedelt.

Aus diesem Grund wollen wir keine weitere Ausdünnung der allgemeinen Schulstandorte. Die 84. Mittelschule liegt im Zentrum von Grünau, auf einer Linie mit Grünauer Welle und Allee-Center. Welches Zeichen setzen wir, wenn wir dort eine Schule schließen?!
Es gibt viele Argumente der Stadtverwaltung für den Umzug in die 55.: es ist das schönere Gebäude, es ist ja fast noch Grünau, die Schüler müssen ja nicht den ganzen Tag Plattenbau sehen.
Versprochen wird uns eine schulische Nachnutzung der 84., aber wie diese aussehen soll, das verschweigt uns die Verwaltung. In der Vorlage wird lediglich von einer Prüfung gesprochen, ob die Martinschule das Gebäude weiternutzen kann.

Unstrittig für die Stadtverwaltung ist, dass sowohl das Gebäude der 55., als auch das Gebäude der 84. saniert werden sollen und als Schulstandorte genutzt werden. Wir erfahren in dieser Vorlage aber nur die Hälfte der Pläne und sollen mit dem Umzug einer Schule Fakten schaffen, Fakten, die bei der nächsten Runder der Schulnetzplanung eine wichtige Rolle spielen. Es wäre nicht das erste Mal, dass durch Sanierungen von Schulen der Schulnetzplanung vorgegriffen wird.
Wir wollen aber die komplette Planung für Grünau kennen. Warum sollte nicht eine der Förderschulen aus Grünau in das attraktive Gebäude der 55. Schule ziehen?

Diese Vorlage und die unklaren Andeutungen der Verwaltung beinhalten mehr Fragen als Antworten.
Wir sehen die Notwendigkeit der Fusion, wir nehmen zur Kenntnis, dass eine Sanierung und schulische Nachnutzung der Gebäude geplant ist. Dem können wir auch zustimmen, aber wir wollen volle Mitsprache bei der Schulnetzplanung.
Deshalb bitte ich Sie, verehrte Stadträte, unseren Änderungsantrag bei der Abstimmung zu berücksichtigen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.