Redner: SPD-Stadtrat Christopher Zenker

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen Stadträte,
werte Gäste!Christopher_Zenker2

Erst kürzlich hat der Freistaat Sachsen verkündet, dass nur 15 Prozent der Kapazitäten zur Flüchtlingsunterbringung des Landes ausgelastet sind und in der Folge angekündigt, Einrichtungen zu schließen.
Nicht selten wurde ich daher gefragt, warum die Kommune immer noch Kapazitäten aufbaut. Immer wieder erkläre ich dann den Unterschied zwischen Erstaufnahmeeinrichtungen und kommunalen Unterkünften und ich schildere, dass in der Kommune zum Ende letzten Jahres / Anfang diesen Jahres Kapazitäten aufgebaut wurden, um zunächst Obdachlosigkeit zu verhindern. Dies ist gelungen, allerdings zu Lasten der humanitären Bedingungen.

Es ist gelungen, weil man auch auf Großunterkünfte wie die Messehalle 17, eine Zeltstadt und einen ehemaligen Baumarkt zurückgegriffen hat. Unterkünfte, in denen die Zustände aus meiner Sicht menschenunwürdig sind, denn sie bieten keine Privatsphäre, Krankheiten können sich dadurch leicht ausbreiten und die gemeinschaftlich genutzten Sanitäranlagen lassen sich kaum in einem hygienischen Zustand halten. Diese Unterkünfte mit einer Kapazität von fast 1500 Plätzen müssen aus der Sicht meiner Fraktion so schnell wie möglich geschlossen werden, am besten noch vor Jahresende.

Andere Standorte, wie die Schulgebäude in der Bernhard-Göring-Straße und im Dösner Weg 27, werden schließen. sobald dort die Sanierungsarbeiten beginnen. Darüber hinaus sind die fast 350 Plätze in Pensionen schnell kündbar und auch andere Mietverträge von kurzfristig angemieteten Objekten laufen aus. Insgesamt stehen damit Kapazitäten von über 2700 Plätzen relativ kurzfristig nicht mehr zur Verfügung bzw. können, sollen und müssen frei werden.

Hinzu kommt, wenn man die Zuweisungszahlen seit Jahresanfang als Grundlage nimmt, etwa 2500 neue Geflüchtete zu uns kommen werden. Der Freistaat hält sogar weiterhin an seiner Prognose von 6895 Plätzen fest. Den Kommunen wird damit keine Planungsgröße gegeben.

Klammern wir die beiden Standorte Deutscher Platz – Zeltstadt und Schomburgkstraße – Baumarkt aus, werden mit Beschluss der vier Vorlagen an fünf Standorten etwas über 1200 Plätze geschaffen. Also bei weiten noch nicht die Plätze, die kurzfristig wegfallen und die wir aufgrund der Neuzuweisungen noch benötigen. Da reichen auch nicht die bereits im Stadtrat beschlossenen Standorte aus.

Die SPD Fraktion wir heute allen vier Vorlagen mit allen sieben Standorten zustimmen. Das hat verschiedene Gründe.

Dem Deutschen Platz und der Schomburgkstraße stimmen wir nur zu, weil die Konsequenz Obdachlosigkeit wäre. Fast 900 Menschen hätten dann kein Dach mehr über dem Kopf. Dennoch, diese Standorte müssen möglichst schnell abgelöst werden, da sie menschenunwürdig sind. Sie müssen aber auch abgelöst werden weil sie viel zu teuer sind. Während die jährlichen Platzkosten, also Miete, Betreibung, Energie, Wasser und Leistungen nach dem AsylbLG bei den beiden Notstandorten bei über 22.000 bzw. 23.000 Euro pro Platz liegen, liegen sie am Barnet-Licht-Platz und in der Eutritzscher Straße mit etwa 11.000 Euro bei lediglich der Hälfte. Noch günstiger ist der Standort Hainbuchenstraße mit Platzkosten von 9500 Euro. Es ist also nicht nur aus humanitären, sondern auch aus finanzpolitischen Gründen Irrsinn, weiter auf die Notunterkünfte zu setzen. Jeden Monat, den wir eine Notunterkunft früher schließen, spart der Freistaat Sachsen, von dem wir die Übernahme der Kosten erwarten, etwa 400.000 Euro.

Vor diesem Hintergrund werden wir auch der Interimsnutzung des Schulstandortes Karl-Heine-Straße für 17 Monate zustimmen. Dieser standen wir zunächst kritisch bis ablehnend gegenüber. Denn obwohl 1,9 Mio. Euro zur Ausstattung und Instandsetzung investiert werden müssen, damit es als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden kann, ist dieser Standort finanziell kostengünstiger als der Weiterbetrieb einer Notunterkunft auf der Alten Messe und in der Schomburgkstraße, wie die Zahlen eindrucksvoll belegen. Die notwendigen Investitionen, von denen vielleicht auch ein Teil für die anstehende Schulsanierung genutzt werden können, haben sich nach etwa fünf bis sechs Monaten amortisiert. Auch hier gilt selbstverständlich für alle Schulstandorte, die bis zum Sanierungsbeginn als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden: Durch die Unterbringung von Flüchtlingen darf es keinen Sanierungsverzug bei der Schulsanierung geben.

Der Vorlage Auenseestraße werden wir ebenso zustimmen. Wir sanieren damit ein kommunales Mehrfamilienhaus zur Unterbringung von 52 Flüchtlingen. Damit setzen wir das städtische Konzept zur Unterbringung von Flüchtlingen um und schaffen einen langfristen Wert. Zudem wiederhole ich es auch hier gern, sollte das Gebäude nicht mehr als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden, wird es eben für andere Formen von Wohnen genutzt.
Auch wenn wir noch nicht abschließend über den Berg sind, was die Unterbringung von Flüchtlingen angeht, so sind wir doch auf einem sehr guten Weg. Deshalb möchte ich die Stadtverwaltung auch darum bitten, dass endlich Schluss ist mit eilbedürftigen Vorlagen bei diesem Thema. Zudem müssen wir sukzessive zu einem geregelten Verfahren zurückkehren, bei dem wir auf Ausnahmeregelungen nicht mehr zurückgreifen.

Die SPD-Fraktion hofft, dass die Vorlagen heute eine Mehrheit finden, damit wir einen großen Schritt gehen, die Notunterkünfte in der Messehalle 17, der Zeltstadt und dem Baumarkt abzulösen, denn diese sind nicht nur humanitär problematisch, sondern auch mehr als doppelt so teuer wie andere Unterkünfte.