Frage 1. Wie viele Ordnungswidrigkeiten nach dem sächsischen Schulgesetz wurden der Stadt Leipzig, dem Ordnungsamt, insgesamt gemeldet? (Bitte aufgeschlüsselt nach Jahren ab 2012, Anzahl der Schüler und Schulart)

Fallzahlen angezeigter Schulpflichtverletzungen in Jahresscheiben von 2012 bis einschließlich 30.06.2016:

  Anzeigen pro Kalenderjahr
Schulart 2012
2013
2014
2015
Stand 30.06.2016
Grundschulen 34 96 60 65 35*
Mittelschulen/Oberschulen 529 558 796 723 348*
Förderschulen 208 295 274 235 104*
Gymnasien 7 9 19 15 2*
Berufliche Schulzentren 560 482 638 615 349*
Insgesamt: 1.338 1.440 1.787 1.653 838*

 

  • Die Angaben beziehen sich auf alle bis zum 30.06.2016 im Bearbeitungssystem erfassten Anzeigen.

Frage 2. Gibt es Leipziger Schulen, wo eine besondere Häufung von Ordnungswidrigkeiten nach dem sächsischen Schulgesetz auftreten? Wenn ja, welche Maßnahmen werden hier von Seiten der jeweiligen Schulen, der Stadt Leipzig und der Bildungsagentur ergriffen?

Eine detailliertere Auswertung – wie bspw. das Anzeigenverhalten einzelner Schulen – ist aus datentechnischen Gründen nicht möglich. Es kann nur eine Differenzierung nach Schularten vorgenommen werden. Insofern ist das Ordnungsamt nicht in der Lage, etwaige Häufungen von Anzeigen einzelnen Schulen zuzuordnen. Eine Aussage hinsichtlich in derartigen Fällen konkret einzuleitender Maßnahmen kann seitens des Ordnungsamtes ohnehin nicht getroffen werden.

Frage 3. Wie viele Male muss ein Schüler in der Regel unentschuldigt Fehlen bis eine Meldung an das Ordnungsamt geht? Welche Schritte gehen die Schulen bevor Sie eine Meldung ans Ordnungsamt machen?

Vgl. Anlage.

Frage 4. Wie lang ist der Zeitraum von der Meldung der Ordnungswidrigkeit durch die zuständige Schule bis zum Erlassen eines Bußgeldbescheids durch das Ordnungsamt der Stadt Leipzig durchschnittlich? Welche Maßnahmen werden in dieser Zeit ergriffen, um an den Ursachen des unentschuldigten Fehlens in der Schule zu arbeiten?

Grundsätzlich ist voranzustellen, dass Ordnungswidrigkeitenverfahren, welche der Sanktionierung von Rechtsverstößen dienen, nur einen mittelbaren Einfluss auf den Erfolg der Bemühungen zur Senkung der Schulpflichtverletzungen haben können. Ungeachtet dessen ist es unverzichtbar, auch diese Möglichkeit der Einflussnahme so effektiv als möglich zu gestalten, wozu eine zeitnahe Vorgangsbearbeitung durch das Ordnungsamt, Zentrale Bußgeldbehörde, gehört. Derzeit beträgt die durchschnittliche Bearbeitungsdauer bis zum Erlass eines Bußgeldbescheides drei bis vier Monate.

Grundsätzlich ist zu beachten, dass gesetzlich vorgeschriebene Fristen einzuhalten sind. Auf die Verfahrensdauer im Falle eines Einspruchs, über den zunächst die Staatsanwaltschaft und abschließend das Amtsgericht zu befinden hat, besitzt die Zentrale Bußgeldbehörde zudem keinen Einfluss.

Über die weiteren verwaltungsrechtlichen Maßnahmen, die während und unabhängig vom durchzuführenden Ordnungswidrigkeitenverfahren veranlasst werden, entscheiden die Schulen je nach Einzelfall eigenständig.

Frage 5. Welche weiteren Maßnahmen ergreift die Stadt Leipzig für die Einhaltung des Schulbesuches für schulpflichtige Personen? Beziehungsweise können Sie auf bereits ergriffenen Maßnahmen seit 2012 näher eingehen, welche zu einer Reduzierung der Schulverweigerung/-abbruch geführt haben? (Bitte hierzu auch Bezug nehmen auf die Antwort der Anfrage V/F 647 vom 06.07.2012 Punkt 6)?

Analog der Befragung von 2012 ist die Stadt Leipzig für die Anmeldepflichtüberwachung verantwortlich.

Die Anmeldepflichtüberwachung unterteilt sich hierbei in die Anmeldung von schulpflichtig werdenden Einschulern und in die Überwachung von nach Leipzig zuziehenden Personen.

Im Einzelnen betrifft dies:

Einschuler:

  • Mitteilung vom Einwohnermeldeamt (Ewo) der im nächsten Jahr schulpflichtigen Kinder an das Amt für Jugend, Familie und Bildung.
  • Übermittlung an die zuständigen Schulen, wie viele Kinder in ihrem Einzugsbereich im nächsten Schuljahr das schulpflichtige Alter erreichen.
  • Nach den veröffentlichten Anmeldeterminen werden die Sorgeberechtigten, die ihre Kinder noch nicht angemeldet haben, angeschrieben und aufgefordert, die Anmeldung unverzüglich nachzuholen.
  • Sollte nach zwei Schreiben dies nicht geschehen, leitet das Amt für Jugend, Familie und Bildung ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein.
  • Das Amt für Jugend, Familie und Bildung fordert letztmalig die Sorgeberechtigten zur Anmeldung unter dem Hinweis auf, dass eine Nichtanmeldung eine Ordnungswidrigkeit darstellt und dann ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet und der Allgemeine Sozialdienst informiert wird.
  • Erfolgt keine Reaktion der Sorgeberechtigten, wird eine Anzeige an die Zentrale Bußgeldbehörde gestellt.

Zuzüge:

  • Monatliche Mitteilung vom Einwohnermeldeamt aller neu in Leipzig mit Hauptwohnsitz gemeldeten schulpflichtigen Personen.
  • Wenn ca. vier Wochen nach Zuzug keine Information vorliegt, an welcher Einrichtung die Schulpflicht erfüllt wird, werden die Sorgeberechtigten durch das Amt für Jugend, Familie und Bildung angeschrieben, mit der Bitte um Mitteilung, bzw. Nachweis (Schulbescheinigung), welche Einrichtung ihr Kind besucht.
  • Erfolgt keine Reaktion, wird noch einmal angeschrieben mit dem Hinweis, dass eine Nichtanmeldung bzw. ein fehlender Nachweis über die Schulpflichterfüllung ein Ordnungswidrigkeitsverfahren zur Folge hat.
  • Sollte auf beide Anschreiben keine Reaktion seitens der Sorgeberechtigten erfolgen, wird ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet und der ASD informiert.

Darüber hinaus wird ab September 2016 in enger Abstimmung mit der SBAL ein Zwangsgeld eingeführt. Diese Zwangsgeld richtet sich insbesondere an die sog. “Selbstbeschuler”, also Eltern, die ihre Kinder bewußt nicht beschulen lassen wollen und damit gegen das Sächsische Schulgesetz verstoßen.

Das in der Antwort V/F 647 angeführte “Handlungskonzept zur Sicherung des Schulerfolgs” enthält Maßnahmen, die in den laut Ratsbeschluss (VI-A-01610) zu erstellenden “Maßnahmenkatalog zur Förderung von Chancengerechtigkeit und Sicherung von Schulerfolg” mit übergehen.

Die einzeln aufgeführten Projekte in Form des Schulversuchs “Gestrecktes Berufsvor-bereitungsjahr” mit den Teilprojekten Kooperatives BVJ (KBVJ) und Zweijähriges BVJ (GBVJ) wurde von einer Projektgruppe des Sächsischen Bildungsinstituts (SBI) im Zeitraum September 2008 bis Mai 2014 evaluiert. Hierzu wurde der Fachbereich Erziehungswissenschaften, der “Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt/Main” mit der Durchführung einer Verbleib-studie für den ersten Aufnahmejahrgang des GBVJ beauftragt. Die Ergebnisse dieser Studie sind in einer Publikation (Marc Thielen: Zweijährige Berufsvorbereitung. Eine Verbleibsstudie zum Schulversuch “Gestrecktes Berufsvorbereitungsjahr” in Sachsen, Verlag Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2013) veröffentlicht. Die von der “Projektgruppe Evaluation” aufgestellte Hypothese – das zweijährige BVJ ist geeignet, die Anzahl der Schüler ohne Abschluss im Freistaat Sachsen zu verringern – konnte im Ergebnis bestätigt werden.